09 Jan 2020 Hochtemperatur-Lastwechseltests mit Sinter- bzw. Lötmaterialien und SiC-Modulen
Im Rahmen seiner Dissertation führte Dr. Aaron Hutzler eine umfangreiche Studie zu Hochtemperatur-Lastwechseltests (Active Power Cycling) mit Silbersinterverbindungen, Gold-Germaniumloten, Zinn-Silber-Kupfer-Loten und Hochblei-Loten durch. Dabei verwendete er SiC-Dioden und DBC-Substrate als Testvehicle. Aus den 480 Versuchsergebnissen entstand ein leicht anzuwendendes Lebensdauermodell für die schnelle Abschätzung der Zuverlässigkeit im Feld und unkomplizierten Auslegung des maximalen dT in Leistungsmodulen.
Durchführung: Fraunhofer IISB, Abteilung AVT und Zuverlässigkeit
Betreuung und 1. Gutachter: Prof. Martin März (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Leistungselektronik)
Weitere Gutachter: Prof. Leo Lorenz (ECPE), Prof. Frank Osterwald (Danfoss Silicon Power)
In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Halbleiteranbindungsmaterialien von Leistungsmodulen bei Kühlmitteltemperaturen bis zu 120 °C charakterisiert. Der Fokus liegt dabei auf der thermomechanischen Ermüdung von Hochtemperatur-Verbindungstechniken bei aktiven Lastwechseltests. Durch einen Temperaturhub von 130 K werden somit maximale Sperrschichttemperaturen von 250 °C erreicht. Pro Durchlauf werden 20 Prüflinge verwendet, um statistisch signifikante Ergebnisse zu erzielen. Für die Tests wird ein vereinfachter Aufbau bestehend aus SiC-Dioden, Halbleiteranbindung und DCB-Substrat gewählt. 125 µm Aluminium-Bonddrähte dienen zur oberseitigen Chipanbindung. Als Die-Bond-Material wird einerseits die Niedertemperatur-Verbindungstechnik mit Silberpasten gewählt. Andererseits kommen mit Au88Ge12, Pb95Sn5 und dem SAC305 drei Lotlegierungen zum Einsatz. Das Zinn-Kupferlot dient dabei als Referenz, da für dieses Lot viele Vergleichsdaten vorliegen. Um weitere Vergleichsdaten zu sammeln, wird in dieser Arbeit ein Überblick über aktive Lastwechseltestergebnisse der letzten 20 Jahre gegeben und hochtemperatur-relevante Versuchsreihen gesondert betrachtet. Weiterhin wird das Prüfverfahren Power-Cycling mit dem aktuellen Stand der Normung genauer beleuchtet und die per Flussspannungsmethode gemessene Temperatur verifiziert.
Die Lastwechselergebnisse dieser Arbeit zeigen eine Zunahme der Zyklenzahlen durch die Erhöhung der Kühlmitteltemperatur. Dies ist nach Stand der Technik bislang unbekannt. Empirische Lebensdauermodelle für Leistungsmodule können den gefundenen Zusammenhang nicht darstellen. Erklärbar ist dies anhand der physikalischen Modellierung mit temperaturabhängigen Werkstoffkennwerten. Dabei werden ein strukturanalytisches Modell sowie die Finite-Elemente-Methode verwendet. Zur Darstellung des plastischen Materialverhaltens wird das Zähigkeitsmodul für jede Halbleiteranbindung herangezogen. Speziell der analytische Ansatz ermöglich es Designempfehlung für die Auslegung eines Leistungsmoduls ohne umfangreichen Rechenaufwand geben zu können. Dabei werden sowohl die Geometrien der einzelnen Schichten als auch deren Materialkennwerte berücksichtigt. Sowohl der analytische Ansatz als auch die FEM bestätigen die Ergebnisse der aktiven Lastwechsel. Mit höherer Temperatur resultieren geringere thermo-mechanische Spannungen im Aufbau und die Halbleiteranbindungsmaterialien werden deutlich duktiler.
Die Ergebnisse dieser Arbeit können für die Lebensdauermodellierung und Auslegung von Hochtemperaturanwendungen verwendet werden. Aus Packaging-Sicht sind höhere maximale Junction-Temperaturen der Halbleiter möglich, es kann Kühlaufwand eingespart und die Leistungsdichte erhöht werden.
Die Arbeit steht ab sofort bei der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg kostenlos zum Download bereit.